Wie wird sich die Kaufkraft Ihrer Euro im Verlauf des kommenden Jahres entwickeln?
So wenig im Eurosystem wie möglich
Früher hieß es, man sollte nur das in Bitcoin investieren, was man bereit ist, zu verlieren. Heute gilt eher das Gegenteil: man sollte nur Kapital im Eurosystem lassen, auf das man verzichten könnte.
Viele Banken bitten ihre Kunden mittlerweile zum Quiz, bevor sie ihnen gestatten, in Aktien und andere Wertpapiere zu investieren.
Gefordert wird dies von der Leitlinie ESMA35-43-2938 der Europäischen Wertpapieraufsicht. Wenn Banken ihren Kunden anbieten, ohne vorherige Beratung Aktien, Anleihen, ETFs oder Optionen zu kaufen, stehen sie in der Pflicht, abzufragen, ob die Kunden genug über das Produkt wissen.
Die DKB etwa stellt ihren Kunden Fragen zu 11 Produktgruppen. Nicht dabei ist aber eines der riskantesten Investments – der Euro. Da es wichtig ist, die Risiken zu kennen, haben wir ein paar Vorschläge ausgearbeitet:
Wer beeinflusst den Wert Ihrer Euro?
Wer kann über die elektronischen Euro auf Ihrem Bankkonto verfügen?
Das mag lustig klingen, ist aber zutiefst ernst gemeint.
Bestenfalls ein Investment für Nischenzwecke
Früher hieß es, man solle nur das Geld in Bitcoin investieren, das man bereit ist, zu verlieren. Heute würde ich sagen, man sollte nur Kapital im Euro-System lassen, auf das man verzichten kann.
Oder wie Michael Saylor sagte: „Only buy Bitcoin with the money you can’t afford to lose“ – kaufe nur Bitcoin mit dem Geld, das du nicht verlieren darfst.
Der Euro ist, nüchtern betrachtet, ein Asset, das hohe Risiken und eine schlechte Wertentwicklung verbindet, aber dafür wenige Vorteile bietet. Jeder Finanzplaner, der halbwegs bei Verstand ist, betrachtet den Euro als Belastung im Portfolio, der als „Special-Purpose-Investment“ einen Zweck haben mag, aber von dem man so wenig wie möglich halten will.
Das „Eurosystem“ geht aber über den Euro hinaus. Es meint auch Finanzprodukte wie Tagesgeld, Geldmarktkonten oder Anleihen, die in Euro nominiert sind und fixe Beträge in Euro auszahlen. Im weiteren Sinn meint es auch Aktien, die vom Euro abhängig sind, und, noch weiter gefasst, alle Vermögenswerte, die von einem Finanzdienstleister der Eurozone verwahrt werden.
Es hilft im Alltag, Euro auf einem Bankkonto zu haben, und es kann sinnvoll sein, einen Teil des Portfolio mit dem Euro-Wert zu synchronisieren. Aber je weniger, desto besser.
Nirgendwo kann ein Mensch so sehr Mensch sein
Bitte versteht mich nicht falsch. Ich liebe Europa und die EU abgöttisch. Es gibt keinen vergleichbaren Staatenbund.
Kein Kontinent hat so viel Grund, stolz auf seine Lebensweise zu sein. Wir Europäer leben länger, aber arbeiten weniger als der Rest der We< wir haben mehr Urlaub, aber gehen früher in Rente. Wir leben in schöneren Städten, die zudem sicherer und sauberer sind; wir essen die besseren Lebensmittel und atmen die reinere Luft. Nirgendwo ist der Standard für Presse- und Meinungsfreiheit so hoch, nirgendwo gibt es so gute soziale Sicherungssysteme.
Nirgendwo hat der Mensch so viel Gelegenheit, wirklich Mensch zu sein. Europa hat sich entschieden, nicht kollektive Ziele wie Wirtschaftswachstum oder militärische Macht zu maximieren, nicht die Einzelnen für die Trophäen des Kollektivs zu opfern, sondern das Wohlergehen des Individuums über alles zu stellen. Das macht die EU, unironisch, zum herrlichsten politischen Projekt aller Zeiten.
Aber wie alle Entscheidungen hat auch diese einen Preis.
Tod durch Regulierung
Es liegt eine gewisse Weisheit darin, die Inhaber der politischen Macht mit regulatorischem Klein-Klein über jeden Aspekt des Lebens zu beschäftigen, bis hin zu elektrischen Leitfähigkeit von Honig. So haben sie schon keine Zeit, Kriege anzuzetteln.
Doch der Preis ist Überregulierung, und der Schaden, den diese anrichtet, ist in unserem Ökosystem unübersehbar. Die europäische Krypto-Branche blüht überall, wo weder Strompreis noch Regulierung im Weg stehen. Wenn Europäer dürfen, spielen sie in der Weltspitze mit.
Aber sobald Regulierung ins Spiel kommt, wird der Standort nicht nur schwach – er hört faktisch auf zu existieren. Keine der großen – nicht mal der mittleren – Börsen hat ihren Sitz in der EU. Mining ist komplett irrelevant, nennenswerte dezentrale Börsen oder Stablecoins gibt es nicht.
MiCA, das große Regulierungswerk der EU, vollendet diesen Kahlschlag lediglich. Die EU mag das weltbeste regulatorische Wunschkonzert komponiert haben – aber sie hat längst kein Orchester mehr, das es aufführt. Es gibt keinen Hebel mehr, durch den die Regulierung wirken kann.
Selbst wenn man die Ziele der Regulierung teilt – gerade dann! – ist das Ergebnis eine Katastrophe. Die Tragödie, die wir schon von Kreditkarten, Online-Zahlungen, Internetsuchen und sozialen Netzwerken kennen, wiederholt sich – und niemand steuert gegen.
Dies beunruhigt vielleicht am stärksten: Den Institutionen der EU und ihrer Mitglieder fehlt die Fähigkeit zur Selbstkorrektur und Anpassung an die Wirklichkeit.
Eine Liste des Grauens
Schauen wir uns in einigen Beispielen an, was die Krypto-Politik in der EU in den letzten Jahren geleistet hat:
- Da nun MiCA in Kraft tritt, bilden die Regulierer in allen Staaten eigene Abteilungen, um Stablecoin-Anbieter, die es gar nicht gibt, zu regulieren.
- Da es in der EU keine international relevanten Börsen mehr gibt, handeln Verbraucher oft auf Börsen Drittstaaten. Jeder juristische, polizeiliche und regulatorische Zugriff ist dadurch minimiert.
- EZB-Ökonomen schätzen Bitcoin seit Jahren falsch und falscher ein, beraten die höchste monetäre Institution Europas aber weiter
- Die EZB denkt seit langem über einen digitalen Euro nach. Nun plant sie ihn für frühestens 2029. Es ist offensichtlich, dass dies viel zu spät ist – und dass der digitale Euro, wie geplant, weit unter dem bleibt, was Krypto schon heute leistet.
- Der öffentliche Rundfunk zitiert auch 2024 den Verbraucherschutz, wenn er über Bitcoin berichtet, obwohl er in der Vergangenheit immer daneben lag.
- in Sachsen schließlich verkauft der Generalstaatsanwalt übereilt die Bitcoin-Reserve, die das Land überraschend geschenkt bekam.
Das sind nur ein paar Beispiele. Der gemeinsame Nenner ist, dass das Ergebnis negativ ist, aber niemand die Verantwortung trägt, ja, noch nicht mal ernsthaft Kritik geübt wird.
Ist das politisch-administrative System in der EU fähig, sich selbst zu korrigieren? Ist es in der Lage, das Handeln der Institutionen am Ergebnis zu messen? Kann es von seinem Personal Verantwortung und Rücktritte verlangen? Oder liegt darin zu viel seelische Grausamkeit?
Ihr kennt die Antwort auf diese Fragen – und ihr wisst, worauf das nun hinausläuft.
Europa mit heruntergelassenen Hosen
Die EU wird kein Top-Standort für Krypto sein. Nicht mal ein mittelmäßiger. Die Chance ist schon jetzt verspielt.
Aber es leidet nicht nur die Krypto-Branche. Die Wirtschaft in der EU wuchs 2024 um 0,8 Prozent, weniger als in so gut wie in allen westlichen Ländern mit Ausnahme Japans. Die wachstumsschwächsten EU-Länder, darunter Deutschland, bilden die globalen Schlusslichter.
Wenn man nun bedenkt, dass ein Krieg im Osten tobt, Desinformation die Demokratien zersetzt, Trump Zölle gegen Europa plant, China weiter aufsteigt, wir auf eine demographische Krise zusteuern, uns mit dem Klimawandel oder dessen Verhinderung noch einige harte Nüsse erwarten und und und – dann muss man schon ein sehr starker Optimist sein, um zu hoffen, dass europäische Institutionen, denen es offenbar schwerfällt, Konsequenzen aus der Berührung der Wirklichkeit zu ziehen, unseren herrlichen Kontinent durch diese Herausforderungen navigieren werden, ohne dass er Schaden nimmt.
Was schließlich Krypto angeht, droht ein Szenario, das dem Euro-System den KO-Schlag versetzen kann. Donald Trump – bzw. seine Berater – haben begriffen, wie sie Krypto für sich nutzen können: durch eine Strategische Bitcoin-Reserve, durch Dezentrale Finanzen und Stablecoins, und durchs Mining. Die USA werden einige Gänge zulegen, während die EU mit MiCA auf die Bremse tritt. Diese Entkopplung kann nicht gut gehen.
Ein nicht unrealistisches Szenario ist, dass der Dollar als Stablecoin zum Dollar 2.0 wird: auf vielen Blockchains laufend, in Sekunden um die Welt, kompatibel mit Smart Contracts und DeFi, herausgegeben durch Käufer von US-Staatsanleihen und gedeckt durch Bitcoins. Wer schon mal Dollar-Token in einer Web3-Wallet benutzt hat, weiß, wie mächtig dieses technische Upgrade von Geld ist. Es ist, als vergleiche man ein Auto mit einer Kutsche, ein Smartphone mit einem Fax.
Europa stünde in dem Fall mit heruntergelassenen Hosen da. MiCa verhindert nicht nur, dass ein relevanter Stablecoin in der EU entsteht: es bedroht die Fähigkeit des hiesigen Finanzwesens, mit global relevanten Stablecoins – etwa Tether-Dollar – zu interagieren.
Wenn niemand gegensteuert, könnte sich die EU selbst vom aktiven Zugang zum neuen Finanzsystem ausschließen. Die anderen werden Smartphones und Autos benutzen, wir weiter Kutschen und Faxgeräte, bis die EZB dann irgendwann mal einen digitalen Euro herausbringt.
Über kurz oder lang wird der Markt die EU und EZB entmachten. Die Bürger werden Geld verwenden, das im Ausland geprägt wird, die EU verliert ihre monetäre Souveränität.
Rache unter dem Vorwand der Gerechtigkeit
Dieses Extrem-Szenario ist fürchterlich. In ihm wird der Euro kollabieren, weil ein stärkerer Dollar expandiert, und es wird einen Bankrun von den EU-Banken geben, weil diese nicht an die wichtige Web3-Infrastruktur andocken (dürfen). Bürger werden horrende Verluste erleiden, und es kommt zum institutionellen Kollaps der EU.
Aber so weit muss und wird es hoffentlich nicht gehen. Es gibt zahlreiche Stufen der Grausamkeit zwischen dem Status Quo und dem Kollaps. Der Euro kommt in keiner davon gut weg.
Schon jetzt liegen die Erträge von Euro-basierten Sparprodukten wie Tagesgeldkonten weit unter der Inflation. Selbst wenn man halbwegs optimistisch vorausschaut, wird es wahrscheinlich bis unvermeidbar, dass sich dieses Verhältnis weiter verschlechtert.
Wenn dann noch der Euro abwertet, sei es wegen der Zinspolitik der EZB, sei es weil die Bitcoin-Reserve fehlt, wird jedes Finanzprodukt, das in Euro nominiert ist, erhebliche Verluste einfahren.
Aber bis dahin kann man sein Vermögen in Gold-Zertifikaten, ETFs, Aktien oder Fremdwährungen bewahren, oder?
Wenn das Eurosystem schrumpft, könnte auch dies in Gefahr geraten. Denn schrumpfende Ökosysteme neigen dazu, sich innerlich zu kannibalisieren; diejenigen, die den Karren gegen die Wand gefahren haben, suchen nach Sündenböcken, an welchen sie im Namen derjenigen, die verloren haben, und unter dem Vorwand der Gerechtigkeit Rache an denen üben, die nicht mit geschrumpft sind, sondern ihr Vermögen erhalten oder gar vermehrt haben.
Die ersten Anzeichen dafür sieht man bereits: Da sind EZB-Berater, die endlich erkennen, dass Bitcoin gewinnen könnte, aber eine Politik fordern, die Bitcoin erst recht bekämpft; in Frankreich, Dänemark, Norwegen und Italien beginnt man bereits, zunehmende Vermögenssteuern auf Kryptowährungen und unrealisierte Kursgewinne zu erheben. Hätte man Krypto nicht verhindert, würde man ein Vielfaches an Steuereinnahmen durch Börsen und Miner einziehen. Aber man hat Bitcoin falsch eingeschätzt, und das wird nun umso mehr zum Grund, sich zu rächen.
Wie wird das erst sein, wenn die Wirtschaft tatsächlich schrumpft? Wenn die Kontraktion den sozialen Frieden gefährdet? Wenn Leute mit einem Loch im Magen und geballter Faust in der Tasche durch verwaiste Innenstädte stapfen? Wie nahe liegt dann die Versuchung, diejenigen, die ihr Vermögen erhalten haben, zu enteignen, und sei es nur, um das Bedürfnis nach Rache zu befriedigen, während man vom eigenen Versagen ablenkt?
Jeder Vermögenswert, den eine Finanzinstitution in der EU verwahrt – und das meint auch Bitcoin auf Börsen – kann bei Bedarf eingefroren werden. Die Legitimierung durch das Justizsystem kann dann später erfolgen. Der Rechtsstaat wird technisch ausgehebelt.
Sein Vermögen außerhalb des Eurosystems zu halten, wird einen nicht vor Enteignungen schützen. Keine Selbstverwahrung rettet einen, wenn die Männer mit Waffen an die Türe klopfen. Aber es macht es schwieriger und stellt die rechtsstaatliche Reihenfolge wieder her: Erst kommt die Juristik, dann die Enteignung. Sein Vermögen selbst zu verwahren, bedeutet, es vor Willkür zu schützen.
Haftungsausschluss: Der Inhalt dieses Artikels gibt ausschließlich die Meinung des Autors wieder und repräsentiert nicht die Plattform in irgendeiner Form. Dieser Artikel ist nicht dazu gedacht, als Referenz für Investitionsentscheidungen zu dienen.
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