Anklagen wegen „Pump and Dump“ im Krypto-Sektor
Am Mittwoch, dem 9. Oktober, hat das US Department of Justice (DOJ) mehrere Personen und Unternehmen aus der Kryptowährungsbranche erstmals wegen Marktmanipulation und „Wash Trading“ angeklagt. Bei den Ermittlungen im Rahmen einer internationalen Operation schuf das Federal Bureau of Investigation (FBI) sogar einen eigenen Token namens NexFundAI, um die Verdächtigen zu überführen.
Die Angeklagten
Zu den Angeklagten zählen 15 Personen verschiedener Nationalitäten, die zwischen 26 und 50 Jahre alt sind und für verschiedene Unternehmen in der Kryptowährungsbranche tätig waren (Namensliste siehe ATTACHMENT A ).
Insgesamt sind acht Unternehmen involviert beziehungsweise angeklagt – vier Token-Emittenten und vier Market Maker. Die vier Kryptowährungsunternehmen Robo Inu Finance, Lillian Finance LLC, VZZN und Saitama LLC haben Token für unterschiedliche „angebliche Anwendungsfälle“ geschaffen und mit Falschaussagen vermarktet, um Investoren anzulocken, das Handelsvolumen künstlich zu steigern und die Token als gute Investitionen erscheinen zu lassen. Dabei beauftragten sie Finanzdienstleister (Market Maker), die mit den Token auf verschiedenen Krypto-Börsen (z. B. BitMart, LBank und XT.com) Scheingeschäfte durchführten – sogenanntes „Wash Trading“. Durch die simulierten User-Aktivitäten stieg der Handelspreis der Token und die Angeklagten konnten mit dem üblichen „Pump-and-Dump“-Verfahren einige Millionen US-Dollar von geprellten Investoren ergaunern. Laut dem US-Staatsanwalt Joshua Levy hatte der Token des größten der angeklagten Unternehmen, Saitama, zeitweise eine Marktkapitalisierung von 7,5 Milliarden US-Dollar.
Zu den angeklagten Market Makern gehören Gotbit, ZM Quant, CLS Global und MyTrade. Führungskräfte und Mitarbeiter dieser Unternehmen sollen über Jahre hinweg große Summen Geld verdient haben, indem sie spezielle Dienstleistungen für Wash Trading oder Marktmanipulation ( Pump and Dump ) zahlreichen Kryptowährungsunternehmen angeboten und schließlich in ihrem Auftrag durchgeführt haben. Aus der Anklageschrift geht hervor, dass sie dabei offen mit den Klienten über die betrügerischen Machenschaften kommuniziert und verschiedene spezielle Trading-Bots entwickelt haben, um das Handelsvolumen zu erhöhen und „den Preis zu pumpen“. Teilweise verschleierten sie die betrügerischen Aktivitäten auch mittels zahlreicher Wallets.
Diese Untersuchung, die erste ihrer Art, identifizierte zahlreiche Betrüger in der Kryptowährungsbranche. Wash Trading ist auf den Finanzmärkten seit langem verboten, und Kryptowährungen bilden da keine Ausnahme. Es handelt sich um Fälle, in denen eine innovative Technologie – Kryptowährung – auf ein jahrhundertealtes Schema traf – das Pump-and-Dump-Verfahren. Die Botschaft lautet heute: Wenn man falsche Angaben macht, um Anleger zu täuschen, ist das Betrug. Punkt. Unser Büro wird aggressiv gegen Betrug vorgehen, auch in der Kryptowährungsindustrie.
US-Staatsanwalt Joshua Levy
Operation Token Mirrors
Bei den Ermittlungen zu diesen Fällen hat das FBI im Rahmen der sogenannten „Operation Token Mirrors“ ein Kryptowährungsunternehmen mit eigenem ERC20-Token namens NexFundAI gegründet. Der Token sollte angeblich die Lücke zwischen der Krypto-Branche und der Künstlichen Intelligenz füllen.
Mit dieser Täuschung konnte das FBI die Dienste von den Market Makern ZM Quant, CLS Global und MyTrade in Anspruch nehmen, um das Handelsvolumen des Tokens manipulieren zu lassen.
Die 'Operation Token Mirrors' zielte auf ruchlose Token-Entwickler, Promoter und Market Maker im Krypto-Bereich ab. […] Das FBI hat den beispiellosen Schritt unternommen, einen eigenen Kryptowährungs-Token und ein eigenes Unternehmen zu schaffen, um diese mutmaßlichen Betrüger zu identifizieren, zu stören und vor Gericht zu bringen.
Jodi Cohen, Special Agent in Charge des Federal Bureau of Investigation, Boston Division
Die Market Maker kommunizierten den Betrug offen mit den potenziellen Kunden beziehungsweise den verdeckten FBI-Ermittlern, wie zum Beispiel der Gründer von MyTrade, Liu Zhou:
Das Ziel auf den Sekundärmärkten ist es, andere Käufer aus der Community zu finden – Leute, die man nicht kennt oder die einem egal sind. Wir müssen dafür sorgen, dass [die anderen Käufer] Geld verlieren, damit wir Gewinne machen.
Liu Zhou, Gründer von MyTrade, im Gespräch mit potenziellen Kunden (verdeckten Ermittlern)
Der auf der Ethereum-Blockchain operierende und als Wertpapier eingestufte NexFundAI-Token wurde tatsächlich gehandelt, wobei die Behörden jedoch angeblich sehr sorgfältig darauf geachtet haben, das Risiko von Kleinanlegern zu minimieren, bevor der Handel mit dem Token deaktiviert wurde. Betroffene, die den NexFundAI-Coin oder einen der anderen vier Coins der angeklagten Krypto-Unternehmen gehandelt haben, können sich bei der Behörde melden .
Für schuldig bekannt
Die Täuschung des FBI führte letztlich dazu, dass die drei verdächtigen Market Maker und die federführenden Mitarbeiter, die den NexFundAI-Token im Auftrag des FBI manipulierten, angeklagt wurden.
Eine ähnliche Anklage wegen Manipulation (bzw. Verschwörung zur Manipulation) und Betrug erhielten auch der vierte Market Maker Gotbit und seine Mitarbeiter, welche die Investoren des Saitama- sowie des Robo-Inu-Tokens betrogen haben. Wie bereits erwähnt, wurden die insgesamt vier anderen Token-Emittenten, welche die Investoren täuschten und auch die Dienste der Market Maker in Anspruch nahmen, ebenfalls angeklagt. Zusätzlich reichte auch die US-Börsenaufsichtsbehörde SEC entsprechende Zivilklagen wegen Verstöße gegen die Wertpapiergesetze ein.
Bisher haben sich drei Mitarbeiter von Saitama sowie Liu Zhou von MyTrade für schuldig bekannt – ein weiterer Angeklagter erwägt dies ebenfalls. Außerdem wurden drei weitere Angeklagte in Texas, Portugal und in Großbritannien festgenommen und Kryptowährungen im Wert von mehr als 25 Millionen US-Dollar beschlagnahmt. Zudem haben die Behörden mehrere Trading-Bots, die für circa 60 verschiedenen Kryptowährungen millionenschwere Wash Trades durchgeführt haben, deaktiviert.
Das Strafmaß wird von einem Bundesbezirksrichter verhängt. Für Marktmanipulation, Betrug mit elektronischen Kommunikationsmitteln oder Verschwörung zur Geldwäsche ist jeweils eine Freiheitsstrafe von bis zu 20 Jahren oder empfindliche Geldstrafen vorgesehen. Die Verschwörung zur Marktmanipulation wird mit bis zu fünf Jahren Haft bestraft. Das verhängte Strafmaß könnte sich auf das zukünftige Maß an Manipulation in der Krypto-Branche auswirken.
Fazit: Achtung Shitcoins!
Es ist interessant zu beobachten, dass die Strafverfolgungsbehörden zunehmend technisch komplexe Mittel einsetzen und die Betrüger mit den eigenen Waffen überführen. Auf Token-Emittenten und Market Maker, die derartige Manipulationsversuche in Erwägung ziehen, dürfte die Vorgehensweise der Behörden abschreckend wirken.
Letztlich hat dieser Fall jedoch auch gezeigt, wie anfällig der Krypto-Markt noch immer für Manipulation ist und wie skrupellos Personen hinter manchen Projekten vorgehen, um sich selbst zu bereichern. Es ist ein weiterer konkreter strafrechtlicher Fall, der den bewussten Betrug rund um das „Pump-and-Dump“-Schema in der Krypto-Branche aufzeigt, ein Verständnis für diese Betrugsmasche schafft und letztlich eine Warnung für alle Investoren sein sollte. Anleger sollten sich nicht von haltlosen Versprechen, unfertigen Konzepten und spektakulären Marketingaktionen bestimmter Token blenden lassen, auch wenn die Projekte seriös erscheinen oder bereits bestimmte Netzwerkeffekte aufweisen.
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